Great Falls, 8.6.2017, Kilometerstand 42957, Start um 9:30 Uhr, 18º Celsius und sonnig

Es geht durch eine grüne, sanft hügelige Landschaft, große Aussiedlerhöfe und große Felder auf beiden Seiten der Straße. Es sprießt erstes Grün auf den Feldern, ich nehme an es ist Weizen. Immer wieder auch große Herden Kühe. Cowboy-Land Montana.

Kaum Verkehr, strahlender Sonnenschein, nach rund zwei Stunden Fahrt erreiche ich die Grenze zu Kanada in Sweet Grass. Ich habe nur noch 20 Dollar in der Tasche, deshalb hole ich Nachschub an einem Geldautomaten in einem Duty Free Shop. Die US-Dollar sind nicht für Kanada, die haben eigene, nein, die sind schon für die Ankunft in Alaska. Ich habe keine Ahnung, ob man in der Provinz in Alaska an Bargeld kommt, deshalb.

Am Grenzübergang eine kleine Schlange, ich reihe mich ein, und da es eben ist, kann ich den Motor abschalten und die Dicke mit den Füßen, schrittweise, an das Zöllner-Häuschen heran rollen. Dann die üblichen Fragen: Warum ich als Deutscher ein Motorrad mit salvadorianischem Kennzeichen habe, ob ich Alkohol, Tabak oder Waffen mitführe, ob ich schon einmal in Kanada war und ob ich schon einmal verhaftet wurde. Nachdem ich erklärt habe warum meine Dicke Salvadoreña ist und alle anderen Fragen glaubhaft verneinen konnte, war ich auch schon in Kanada. Zum ersten Mal in meinem Leben.

Die Landschaft verändert sich nicht (warum sollte sie auch) es geht weiter durch landwirtschaftliches Nutzland, mit schönen großen Höfen in der Gegend. Mein Magen beginnt zu knurren und ich steuere im Städtchen Lethbrigde eine der üblichen Shopping Zonen (nicht Mall) an, wo zwischen riesigen Parkplätzen diverse Konsumtempel, Fast-Food und andere Restaurants verstreut liegen. Im Safeway-Liquor-Store bekomme ich kanadische Dollars am ATM (Geldautomat). Solcherweise wieder flüssig, begebe ich mich in ein Restaurant das Richy’s  heißt. Später stelle ich fest, dass das auch eine Kette ist, aber immerhin verkaufen sie nicht das gleiche Essen das alle verkaufen, und die Qualität ist richtig gut. Das beste Essen seit dem Schnitzel in Seligman!

Als ich auf dem Parkplatz vor dem Restaurant meine gymnastische Übung mache, um zwischen dem Tankrucksack und der Gepäckrolle Platz zu nehmen, spricht mich ein Mann, etwa in meinem Alter, an und fragt, wohin ich denn fahren würde. Ich erzähle kurz von meinem Vorhaben und es stellt sich heraus, dass er ebenfalls stolzer Varadero-Fahrer ist! Der erste bisher auf der Tour, in den USA wurde sie ja nie verkauft. In Kanada ab 2009. Er hat eine silberne, Baujahr 2008 mit 70’000 Kilometern auf dem Tacho. Seine erste Tour mit der Dicken war nach Alaska! Wir unterhalten uns noch eine Weile, aber dann muss ich weiter nach Calgary.

Grauer Himmel und Regen in Calgary

Dort angekommen, checke in einem, vorab gebuchten, günstigem Motel ein. Das Wetter wird schlechter und eine Gewitterwarnung für Calgary wird ausgegeben. Zum Ausgehen habe ich sowieso keine Lust, ich hole in einem Supermarkt um die Ecke eine vorgefertigte Portion Cannelloni und schiebe sie im Motel in die Mikrowelle. Am Abend stürmt und regnet es heftig.

Am nächsten Morgen programmiere ich mehrere Motorradshops und Reifenhändler ins Navi. An der dritten Station werde ich fündig und die Dicke bekommt einen schicken neuen Metzler Tourance Next aufs Hinterrad montiert. Klasse, wieder muss ich keinen Termin ausmachen, werde sofort bedient. Die Wartezeit vertreibe ich mir damit, die neuen und gebrauchten Maschinen anzusehen und im Bekleidungs- Helm- und sonstigem Angebot des Ladens zu stöbern. Eventuell hätte ich ein Paar wärmere Stiefel und/oder Handschuhe erstanden, es gab aber nichts entsprechendes im Angebot. Alles eher für wärmere Gegenden.

Frisch besohlt für die nächsten 10’000 Kilometer

Nach einer knappen Stunde ist die Vara fertig und schon wieder ziehen schwarze Regenwolken auf. Schade, Calgary macht einen modernen und eleganten Eindruck und ich wäre jetzt gerne ein wenig durch die Stadt gegangen. Aber in strömendem Regen zwischen den Hochhäusern herumzustreunen, erschien mir dann nicht sehr erstrebenswert. Zurück im Motel schalte ich den Weather Channel ein, übrigens einer der wenigen brauchbaren Sender in Nordamerika, und gleichzeitig ziehe ich meine Weather App auf dem iPhone zu Rate. Es wird Samstag und Sonntag regnen. Soll ich zwei Tage in diesem Motel sitzen bis am Montag wieder die Sonne scheint? Ich entscheide mich dafür zusammenzupacken und am nächsten Morgen die Regenfront Richtung Norden zu durchbrechen. Da ist das Wetter im Moment gut und das möchte ich für die Fahrt über den Alaska Highway nutzen!